Loyal und Leistungsstark

Mitarbeiter binden und Teams fördern

Das Thema Mitarbeiterbindung wird vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftemangels immer wichtiger.

Mitarbeiter binden und Teams fördern
Foto: iStock
Das Thema Mitarbeiterbindung wird vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftemangels immer wichtiger. Jeder eingearbeitete Mitarbeiter, im Team integrierte Kollege, in der Touristik ausgebildete Fachkraft, die das Unternehmen verlässt, ist ein herber Verlust. Was können wir also tun, um die Fluktuation so gering wie möglich zu halten?

Vergangene Woche telefonierte ich mit Stefanie, Personalleiterin bei einem Reiseunternehmen. Sie stöhnte und beklagte, dass schon drei Kollegen gekündigt haben. Und noch schlimmer: Im Kündigungsgespräch legten die Mitarbeiter die Karten auf den Tisch. Sie hatten allesamt bessere Angebote, spannendere Aufgabenfelder wie auch wichtige private Veränderungen, die Liste der Begründungen war lang. Die unverblümte Offenheit der ausscheidenden Kollegen und Kolleginnen hilft Stefanie erst einmal nicht weiter, denn es wird immer schwerer, gute Leute zu bekommen. Und ihre Teamleiter drängeln, sie brauchen möglichst schnell Ersatz, das Unternehmen wächst.

Jeder Mitarbeiter, der das Unternehmen verlässt, ist ein Verlust

»Wir müssen aber an der Mitarbeiterbindung arbeiten, anstatt alle Ressourcen in Neueinstellungen zu stecken«, erklärt sie mir. Ein kluger Gedanke, wie ich finde. Denn Mitarbeiterbindung wird in Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels immer wichtiger. Jeder in den Unternehmensprozessen eingearbeitete Mitarbeiter, im Team integrierte Kollege, in der Touristik ausgebildete Fachmann, der das Unternehmen verlässt, ist aus vielerlei Gründen ein großer Verlust. Das umfangreiche Wissen aus vielen Jahren Erfahrung geht verloren. Selbst nach einem ausführlichen Übergabeprozess an einen neu eingestellten Kollegen, bleibt Know-How auf der Strecke, denn das individuelle und implizite Erfahrungswissen lässt sich nur zum Teil weitergeben.

Kein Wunder also, dass Reisebüros, Veranstalter und Leistungsträger das Thema Mitarbeiterbindung verstärkt angehen. Doch leider: Der erste Gedanke geht meist in Richtung Geld. Die Führungsetage denkt über Gehaltserhöhungen nach und muss schnell feststellen: Dieser Hebel ist sehr kurz. 100 Euro mehr im Bruttogehalt kosten das Unternehmen 120 Euro und bringen gerade mal 60 Euro im Portemonnaie der Mitarbeiter. Immerhin lösen 60 Euro in den ersten Monaten tatsächlich einen kleinen Schub an Motivation und Loyalität aus, dieser verpufft aber bald, und die Kosten bleiben. Immerhin ist eine gut gemachte Gehaltserhöhung, zum Beispiel alle zwei Jahre, eine sinnvolle Idee. Sie bindet die Talents und klugen Köpfe aber am Ende nur unzureichend an den Arbeitgeber.

Ambitionierte Kollegen wollen mit ihren Aufgaben wachsen

Welche Möglichkeiten gibt es noch? Ein starker Hebel, Menschen zu binden, sind Arbeitsaufgaben. Für die meisten Menschen ist es wichtig, im Team einen wertvollen Beitrag zu leisten. Zugleich bekommt die Kollegin über ihren Beitrag im Team und Unternehmen häufig Anerkennung und persönliche Erfolgserlebnisse. Ambitionierte Kollegen wollen daher mit ihren Aufgaben und Zuständigkeiten wachsen und sich entwickeln – sie wollen vorwärtskommen. Arbeitgeber, die ihre Teams eng führen, professionelles Feedback geben und viele Möglichkeiten einräumen, mit und an den Aufgaben und Verantwortlichkeiten zu wachsen, sind in der Mitarbeiterbindung also klar im Vorteil, denn die Kollegen spüren: Es ist und bleibt spannend!

Was bedeutet Teamplay? Für die Mitarbeiterbindung ist das Thema Teamplay ein zweiter Hebel. Teams haben einen hohen Bindungseffekt, und nicht wenige Menschen freuen sich morgens vor allem auf die netten Kollegen. Werden die Belange der Teams im Unternehmen nicht ausreichend berücksichtigt, so können Konkurrenzen, Missgunst oder gar Konflikte entstehen. Das kostet alle viel Kraft und schmälert die Bindungskraft des Teams. Selbstbewusste Mitarbeiter lassen sich das nicht lange bieten und sehen sich bald nach einem neuen Job um. Daher sollte die Teamatmosphäre ebenso wie die Einzelförderung liebevoll gepflegt werden. Teamevents für den Zusammenhalt, Mediation bei Konflikten, Teammeetings für die Kooperation oder Einzelgespräche, die Wertschätzung vermitteln, sind nur einige Methoden, an der Teamentwicklung zu arbeiten. Ist das Team als Gruppe stark, hat es eine ungleich hohe Wirkung auf die Loyalität zum Unternehmen. Übrigens, viele Veranstalter setzen Teamleiter ein, diese bekommen aber kaum Zeit eingeräumt, sich mit Personal- oder Teamführungsthemen zu beschäftigen. Häufig sind sie vollständig im operativen Tagesgeschäft eingespannt. Das hat negative Effekte auf das Teamplay. Kurzum: Es zahlt sich aus, Teamleitern Zeit und Geld für die Teamführung einzuräumen.

Sinn ist die stärkste Kraft, Menschen zu binden

Warum mach ich das? Stimmt das Gehalt, beibt die Aufgabe spannend, und ist das Team integrativ, so stellt sich der engagierte Mitarbeiter die ultimative letzte Frage: »Und wofür das alles?« Sinn ist die stärkste Kraft, Menschen zu binden. Die gute Nachricht ist: Vielen Reisebüros und Veranstaltern ist der Sinn ihres Tuns durchaus bewusst. Den Kontakt zwischen den Menschen fördern, fremde Kulturen zeigen oder für nachhaltige Erholung sorgen. Aber das Reisegeschäft ist stressig, und das Bewusstsein für den Sinn geht im Tagesgeschäft immer wieder verloren. Wer das Hamsterrad von Zeit zu Zeit anhält und gemeinsam mit allen Kollegen den Sinn des Ganzen transparent, spürbar und erlebbar macht, hat der Mitarbeiterbindung und -motivation den stärksten Dienst erwiesen. Das Ergebnis: Es bildet sich ein Team, das langfristig und motiviert anpackt und gemeinsam mit der Geschäftsführung am Unternehmenserfolg arbeitet. Und wer möchte dann den Job wechseln?

Wibke Rissling-Erdbrügge von WRE Training für Touristiker ist Trainerin und Coach in der Touristik. Unter anderem hat sie eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Gewinnung von Personal in der Tourismusbranche herausgegeben: www.wre-trainings.de/personal-gewinnung