Michael Knapp, CCO von Gebeco

Im Zuge der Zeiten

Jährlich veröffentlicht Gebeco den Themenjahr-Katalog. Die Idee: Egal, wie verschieden Länder und Kulturen sind, es gibt immer wieder Themen, die uns alle verbinden. Das Thema für Jahr 2024: die Eisenbahn. Ein Gespräch mit Gebeco-Geschäftsführer Michael Knapp.

Im Zuge der Zeiten
Fotos: Gebeco
Der Katalog Themenjahreisen legt den Schwerpunkt auf Zugreisen. Darin werden zehn weltweite Reisen vorgestellt. Jede Tour zeigt, wie die Erfindung der Eisenbahn und das Reisen mit dem Zug Orte, Regionen und Menschen früher geprägt haben und heute noch prägen. Wie findet man als Veranstalter solche Ideen?
Bei Gebeco haben wir immer eine Art Signature-Reisekatalog zusammengestellt, also einen Katalog, der eben alles eint, was die DNA von Gebeco ausmacht. Damit wollen wir die Philosophie und die Werte von uns in Form von Reisen bestmöglich präsentieren und erlebbar machen. Das ist der Ursprung der Idee. In der Praxis setzt sich früh ein größerer Kreis von Führungskräften, Produktmanagern und Vermarktern zusammen und sammelt Ideen, die in Frage kommen könnten.

Wie geht es dann weiter?
Diese Ideen müssen irgendwo ein Thema haben, was typisch dafür ist, wie wir Reisen konzipieren. Das bedeutet, stets mit einem Bezug zur Kultur und Vielfalt in der Destination. Wir würden auch kein Thema aufgreifen, das nur in einem Zielgebiet funktioniert. Es muss weltumspannend sein und die Botschaft tragen, dass Begegnungen der Kulturen und Menschen verbindende Elemente sind. Wir wollen genau das mit den Themenjahrreisen erlebbar machen. Das alles findet man in der Musik, in der Natur, in der Technologie, in Tänzen und in vielen anderen Dingen. Und hier haben wir das Thema »Eisenbahn und ihre soziokulturellen Einflüsse« ausgesucht.

Das lässt sich vermutlich recht facettenreich abbilden, oder?
Ja, das geht von der eigentlichen Zugreise bis hin zu Kunstwerken und Bildern, die sich mit den verschiedenen Wahrnehmungen des Themas in den Epochen auseinandersetzen. Zugreisen und Bahnhöfe symbolisieren zum einen die Sehnsucht nach der Ferne, die eben damals über die Eisenbahnen verkörpert wurde, als das Auto und die Straße noch nicht so verfügbar waren. Für viele war es die einzige Möglichkeit, um tatsächlich fremde Länder zu bereisen. Wenn man einmal in die USA schaut oder nach Indien oder Afrika, dann ist die Bahn eigentlich der bahnbrechende Entwicklungsmotor gewesen. Züge bedeuteten Weiterentwicklung und Fortschritt sowie Überbrückung der Kulturen. Zum anderen transportiert die Bahn bis heute neben Gütern auch immer politische Botschaften.


Zug mit Pool: Der Shalati Train steht auf einer Brücke, die den Sabie-Fluss in Südafrika überspannt. Heute sind die Waggons zu Suiten mit Terrasse und Pool umgebaut.

Für eine geführte Gruppenreise kommt sicher nicht alles in Frage?
Genau, wir beschränken unser Angebot auf nicht zu weit gefasste Reisen und auf nicht zu exotische Formen, die hinterher nicht umsetzbar sind. Es muss also schon für unsere Zielgruppe eine bereisbare Option sein. Der Maßstab ist nicht der Abenteurer oder Aussteiger, der alleine in den Anden unterwegs ist. Die Themenjahrreisen sind geführte Gruppenreisen, das ist die Klammer, die dazugehört. Das Thema muss weltumspannend sein und die Botschaft tragen, dass Begegnungen der Kulturen und Menschen verbindende Elemente sind.

Einige der Reisen sind recht lang und auch verhältnismäßig teuer. Wie ist das zu erklären?
Es gibt Themenjahrreisen, die 20 oder auch 25 Tage dauern. Einige der Reisen richten sich tatsächlich eher an Wiederholer, die das Land schon kennen. Die Preise sind sehr unterschiedlich und haben zum Beispiel in den USA viel mit der Währungsumrechnung zu tun, aber auch mit den Einkaufskonditionen dort. Die 28-tägige Themenjahrreise durch China ist relativ günstig mit 6.400 Euro, Japan dagegen ist generell ein hochpreisiges Zielgebiet. Da liegen wir mit dieser 19-tägigen Themenjahrreise bei rund 9.000 Euro. Die zehntätige Reise »Mit der Bahn durch den Norden der Iberischen Halbinsel« hingegen ist mit 3.000 Euro wieder günstiger.

Wer hat so viel Zeit und vor allem das nötige Kleingeld?
In der Regel richten sich solche langen Reisen tatsächlich an Menschen, die eben nicht mehr im Beruf tätig sind und über ihre Zeit frei verfügen können. Tatsächlich gibt es viele Personen, die genau so etwas suchen, weil sie sagen, es ist etwas Besonderes, das ich in der Form noch nicht erlebt habe.

Es gibt aber klare Unterschiede bei Reisen in verschiedenen Teilen der Welt, oder?
Ja, die europäischen Destinationen bereisen wir rund zehn bis maximal zwölf oder 14 Tage lang. Die Reisen in die Ferne gehen teilweise auch über 20 Tage, so dass wir eine breite Mischung im Angebot haben. Vor Ort ist es dann bei den langen Reisen einfacher, Themen zusammenzustellen, weil unsere Partner vor Ort selbst etwas Neues einbringen können. Dann entsteht ein Angebot abseits der ausgetretenen Pfade, die wir so normalerweise im Programm nicht eins zu eins haben.


Bergbahn Muong Hoa: Seit März 2018 verbindet die Muong Hoa den Kreis Sapa in der nordvietnamesischen Provinz Lao Cai mit der Seilbahnstation Fansipan.

Bei dieser Form der Reise spielen Reiseleiter sicher eine große Rolle. Gibt es vorab oder begleitend Unterstützung in der Ausbildung?
Wir nutzen bei Gebeco eine ganzes Bündel an Maßnahmen, um Reiseleiter auszubilden. Wir sind zum Beispiel mit Seminaren vor Ort unterwegs. Und wir haben hier in Kiel eine eigene Abteilung, die sich um das Reiseleitermanagement kümmert und auch die Disposition der Reiseleiter vornimmt. Wir überprüfen zusätzlich im Rahmen der Qualitätssicherung die Güte der Reiseleiter in den Zielgebieten, das geschieht auch durch die Rückmeldungen der Gäste. Unser Qualitätsmanagement ist ein anhaltender Prüfprozess und sehr wichtig. In dem Zusammenhang gehen wir in den Zielgebieten auf Agenturen zu, die in der Lage sind, uns eine entsprechende Reise zusammenzustellen, dann ist der Reiseleiter inkludiert.

Die Größe der Gruppe ist wichtig. Mehr als 25 Personen sind es eigentlich nie, oder?
Meistens sind es kleine Gruppen. Es ist und bleibt eine Studienreise. So kommt auch der Preis am Ende zustande: Wenn man in kleinen Gruppen reist, die entsprechend intensiv betreut werden, fällt der Preis höher aus. Die Themenjahrreise durch Italien ist auf 16 Personen begrenzt. Die Themenjahrreise nach Portugal hat schon mal 20 Gäste, und Großbritannien verträgt größere Gruppen. Damit wird der Preis wieder attraktiver. Unsere Themenjahrreise nach Südafrika ist wiederum eine Kleingruppenreise. Aber in der Regel sind unsere Themenjahrreisen Kleingruppen mit zehn, zwölf oder 16 Gästen.

Derzeit gibt es viele Krisenherde in der Welt. Spürt man das bei den Buchungen?
Das spüren wir bei Vorkommnissen in und um bestimmte Zielgebiete, keine Frage. Also wir haben die Reisen nach Israel bis auf Weiteres zunächst absagen müssen. Und wir merken auch, dass zum Beispiel Nachbarländer wie Jordanien und Ägypten auch Einbußen erleiden. Das gilt auch für Länder, die wie Russland einfach nicht mehr erreichbar sind, weil sie keine Sicherheit bieten. Insgesamt können wir feststellen, dass es grundsätzlich eine sehr stabile Nachfrage nach unserem Produkt-Segment gibt. Ich glaube, das ist übergreifend so. Wir bieten über 100 verschiedene Destinationen an. Die Welt ist groß genug, dass sich die Nachfrage einfach woanders hinbewegt.

Wenn man den Zahlen Glauben schenken kann, entwickelt sich die Nachfrage im Vergleich zu 2019 sehr positiv, oder?
Ja, das gilt für den gesamten Bereich Studien- und Erlebnisreisen. Das liegt daran, dass dieses Klientel reisen möchte, weil das Geld vorhanden ist, weil es Zeit hat und weil es weiß, was diese Begegnungen an Lebenswert bedeuten.

Danke fürs Gespräch!

Michael Knapp ist seit rund 30 Jahren in leitenden Funktionen in der Touristik tätig. Anfang 2020 wechselte der Diplom-Wirtschaftsingenieur zu Gebeco.